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Gott im „Himmelreich“ und auf dem „Feld“

Viele Namen und Vergleiche für Gott legen es nahe, von ihm als einem Feld zu sprechen, in dem er wirkt. Das Wort Feld deutet auf den Zusammenhang des Wirkens von Gott als Geist und Kraft hin. Es reicht weit über das kleine Umfeld von einzelnen Menschen und Gruppen hinaus und kann eine Metapher für die überpersönliche All-Gegenwart Gottes und seine größere Wirklichkeit sein. Nach neueren naturwissenschaftlichen Erkenntnissen ist darin ein Zusammenwirken von geistigen und physikalischen Kräften möglich.

Das Gleichnis vom Feld

Mit dem Himmelreich verhält es sich wie mit einem Kraftfeld.

Wir sehen es nicht und können es auch sonst nicht sinnhaft wahrnehmen. Aber dennoch ist es da. So existiert es im Mikrokosmos – im subatomaren Bereich. Und so breitet es sich auch überall im großen Kosmos aus – in der schieren Unendlichkeit des Weltalls.

Nur wenn Teilchen und Testkörper sich in ihm bewegen, zeigt sich eine Wirkung. Und man erkennt seine Natur und kann seine Kräfte messen.

Die Wirkungen aber sind unterschiedlich.

Das Gleichnis spricht vom Reich Gottes. Und es beschreibt eine Analogie: „Mit dem Himmelreich verhält es sich wie ….”. Was dann folgt, ist nicht das Himmelreich selbst. Das Himmelreich ist nicht deckungsgleich mit einem physikalischen Kraftfeld oder dem subatomaren Bereich oder dem Kosmos. Und die Parameter der Physik sind nicht zur Beschreibung des Reiches Gottes anzuwenden. Ja, es geht nicht einmal um die Statik oder Struktur| dieses gleichnishaften Feldes, das dem Himmelreich ähnlich sein könnte. Vielmehr liegt der wesentliche Akzent auf Bewegung, auf Dynamik und Wirkung.

So wäre also auch eine topologische Beschreibung des Himmelreiches, hätte man sie tatsächlich vorliegen, ebenfalls umgekehrt nicht als Bild für ein abstraktes physikalisches Feld geeignet – also auch nicht für die Schöpfung, die man ja auf solche Felder reduzieren kann.

Dieses Gleichnis macht es nicht anders als die berühmten Gleichnisse Jesu vom Reich Gottes: es nimmt beschreibend« Elemente aus unserer erfahrbaren Wirklichkeit, stellt Beziehungen her und konstruiert ein Geschehen. Und aus dieser Gesamtheit leiten sich Erkenntnisse ab, die ähnlich oder analog sind Ereignissen, die mit dem Reich Gottes zu tun haben. Auf diese Weise bekommen wir also eine Ahnung vom unsichtbaren Himmelreich.

All diesen biblischen Bildern gemeinsam ist, dass es sich nicht um eine statische Beschreibung handelt – etwa: das Himmelreich befindet sich an einem bestimmten Ort fernab in den Tiefen des Weltalls oder gar jenseits von unserer Welt; oder: es ist ab einem geschichtlichen Zeitpunkt t in der Zukunft zu erreichen; oder es ist auf diese oder jene Art eingerichtet. So redet Jesus nicht, und deshalb lässt sich das Himmelreich auch nur schwer bildlich darstellen. – Nein, das Reich Gottes wird durch eine Dynamik beschrieben. In den Gleichnissen geht es immer um Bewegung, um eine Handlung, um Aktion. Es geschieht etwas. Das Reich Gottes ist nicht das Senfkorn, sondern der Vorgang des Wachsens aus dem Samen; es ist nicht die Ähre, sondern der Vorgang der Vervielfältigung des einen Korns. Ähnlich ist es mit den Handlungen zwischen den Figuren, zwischen Herr und Knecht, Weinbergsbesitzer und Arbeiter usw. Aus dem Ablauf des Geschehens selbst entwickelt sich ein Kraftfeld zwischen Gott und uns – sein Reich. Es ist sozusagen im Hintergrund immer da und realisiert sich jedes Mal wieder neu zwischen Gott und uns oder zwischen unseren Nächsten und uns – je nachdem, ob wir es annehmen oder nicht.

Das hier konstruierte „Gleichnis vom Feld” besteht aus nur vier Versen. Zu Anfang steht eine Grundaussage, eine Behauptung: „Mit dem Himmelreich verhält es sich ….”. Der Grundbezug ist hergestellt: es wird etwas über das Reich Gottes folgen.

In den Versen 2 und 3 findet eine Qualifizierung der Gleichniselemente statt, ähnlich wie oben angedeutet. Seine grundsätzlichen Qualitäten werden erwähnt: unsere Möglichkeiten es zu erkennen und sein Wirkungsbereich. Und im vierten und letzten Vers schließlich wird dahin geführt, worauf es eigentlich ankommt: „Die Wirkungen”. Kernaussagen sind die Verse 1 und 4 in ihrem gegenseitigen Bezug aufeinander und ihrer Verknüpftheit untereinander.

Die zentralen Begriffe, die zur Illustration gebraucht werde| sind: Himmelreich, Kraftfeld, Kosmos, Teilchen/Testkörper, Bewegung, Wirkung, Natur, Kraft. Bis auf das Wort „Himmelreich“ findet sich kein einziger dieser Begriffe in irgendeinem Gleichnis Jesu. Seine Begriffswelt entstammt der alten agrarischen und Handelsumgebung seiner Zeit. Dennoch soll dasselbe Reich Gotte gleichnishaft mit den Vokabeln der Gegenwart erschlossen werden Deshalb ist das Wort „Himmelreich” dafür auch einzig dasselbe geblieben.

Anfragen und Analogien

Im Feldgleichnis wird eine technisch-wissenschaftliche Welt gleich im ersten Vers dem Transzendenten, dem Himmelreich oder Reich Gottes gegenübergestellt. Gleichsam als Aufforderung, aus der nachfolgenden Präzisierung Analogien für Elemente des Himmelreichs zu erschließen. Der Name Gottes kommt nicht vor. Christen wissen jedoch, dass – wenn vom Himmelreich die Rede ist – sich an diesem Ort Gott erfahren lässt. Insofern ist Gott auch im ersten Vers implizit genannt.

Daraus kann gefolgert werden: Gott erzeugt so etwas wie ein Kraftfeld. Das will der Text gleich zu Anfang sagen. Oder anders ausgedrückt: Es gibt ein Himmelreich; und dieses lässt sich wie durch eine Kraft erfahren. Sie existiert.

Ein Gemeinsames hat das Himmelreich auf jeden Fall mit physikalischen Kraftfeldern: so wie sie Entfernungen überbrücken, bleiben sie zunächst unsichtbar für den Beobachter. Bis zu dem Zeitpunkt, wo aus dem passiven Beobachter ein aktiv Beteiligter wird. Das gilt auf jeden Fall für Felder der Physik. Diese haben die Eigenschaft, dass sie erst real werden, wenn durch aktive Beobachtung eine Veränderung an ihnen vorgenommen wird. Und das ist aber zugleich auch ein Nachteil. Denn das bedeutet, dass sie niemals ungestört wahrgenommen werden können. Erst durch das Hinzufügen einer Dynamik, die von einer Versuchsanordnung ausgeht, werden Eigenschaften des Feldes sichtbar gemacht.

Das Schöne an unserem Gleichnis ist, dass für das Himmelreich Gleiches gilt. Wie wir sehen werden, ist es erfahrbar erst durch Intervention, durch handelnde Akteure – sozusagen im Rahmen einer beschreibbaren Versuchsanordnung. Somit gibt es also vom Grundsatz her Entsprechungen zwischen physikalischer Welt und Himmelreich. – Oder sogar Überlappungen, Interferenzen, Rückkopplungen?

Wir nähern uns über eine neuzeitliche Interpretation, einer „feldtheoretischen Analyse”, uralten Manifestationen und Beobachtungen.

Und schon stellen sich Unsicherheiten ein. Wie wir wissen bietet die Physik vier verschiedene Wechselwirkungen an, die durch Felder beschreibbar sind:

  • Gravitation
  • Elektromagnetismua
  • Schwache und starke Wechselwirkung.

Welcher Art könnte nun die gültige Bezugsebene für uns Gleichnis sein? Oder gibt es gar beim Himmelreich auch verschiedene „Wechselwirkungen” zu berücksichtigen? Wirkt das Reich Gottes als Feld immer und überall oder nur an bestimmte Orten zu bestimmten Zeiten? – Lassen wir das im Augenblick noch offen.

Vers (1) spricht nicht von einem Feld allgemein, sondern ganz konkret schon von einem Kraftfeld. Bewusst ist das mystische Wort von der „Kraft” hier eingebracht worden. Es soll auch als Einstieg in die im Folgenden zu entwickelnden Analogien dienen. Was sagt die Heilige Schrift zur „Kraft”?

Paulus schreibt im Epheserbrief: „Wie überschwänglich groß ist seine Kraft an uns, die wir glauben, weil die Macht seiner Stärke bei uns wirksam wurde.”

Paulus gebraucht in seinem Schreiben drei Begriffe, die nach unserem Sprachgebrauch anscheinend austauschbar sind: Kraft, Macht und Stärke: „wie überschwänglich groß (ist) seine Kraft an uns, weil die Macht seiner Stärke bei uns wirksam wurde ….”

Diese Begriffe finden wir auch sonst in der Bibel an vielen Stellen, insbesondere in den Psalmen. Aber auch im Vaterunser: „dein ist die Kraft und die Herrlichkeit”. Es läuft alles auf die eine große universale Wirksamkeit Gottes hinaus, auf die Kraft Gottes, die alles zusammenhält und alles bewegt: die Kraft, die schon ganz am Anfang wirksam war, und durch welche die Feste zwischen den Wassern errichtet wurde, um das Chaos der Urflut zu bannen, damit ein Lebensraum für die Schöpfung geschaffen werden konnte. Die Kraft, durch die Christus gewirkt hat und mit der er vom Tode erweckt wurde. Eine Kraft, die die Grenze zwischen Leben und Tod öffnen oder schließen kann. Die gleiche Kraft, die in den Menschen Resonanz finden kann zur Stärkung des eigenen Glaubens. –

Diese Kraft, diese Wechselwirkung, im Feld des Himmelreichs. Transzendent und gleichzeitig wirksam in der Gegenwart unserer Welt. Das unendlich Kleine und das kosmische Große umfassend.

Wie sieht dann die Versuchsanordnung zur Messung, zur aktiven Störung des Feldes „Reich Gottes” aus? – Um diese Frage zu beantworten, müssen wir einige unverzichtbare Komponenten identifizieren – Komponenten, die gleichzeitig Anordnung und Einbezogene beschreiben. Wie es sich für eine typische Feldsituation gehört:

Da ist auf der einen Seite Gott. Und da ist ein Mensch, ein einzelner Mensch, auf der anderen Seite. Das ist die Minimalkonfiguration. Notwendig für das Zustandekommen für eine Wechselwirkung. Die Kraft geht von Gott aus, der Mensch registriert sie, wenn er seine Antennen eingeschaltet hat, bzw. wenn Gott des Menschen Antennen so stimuliert hat, dass diese auf Empfang geschaltet sind. Entfernungen spielen keine Rolle. Sie können unendlich oder gleich Null sein – also nichts mit „umgekehrt proportional zum Entfernungsquadrat”. Aber durchaus auch physikalisch denkbar wie eine Wechselwirkung.

Hier haben wir also die Möglichkeit, das Potenzial für einen Austausch über „göttliche Feldquanten” zwischen Gott und den Menschen. In dieser statischen Ausgangssituation bleibt das Reich Gottes jedoch unsichtbar.

Im nächstmöglichen Schritt schiebt sich zwischen Gott und den Menschen ein weiterer Mensch. Jemand dringt in das Kraftfell des Himmelreiches ein und erzeugt sozusagen eine Turbulenz in dem bis dahin relativ homogenen Feld. Eine Komplexität entsteht durch das Zusammenwirken von drei separaten Kraftquellen. Und jetzt ist alles völlig offen. Denn wir wissen nicht, ob der dritte Partner zunächst auf Gott zugehen möchte, ob Gott ihn anspricht, oder ob er nur einmal mit seinem Mitmenschen kommunizieren möchte.

Der „Neue” agiert so ähnlich wie ein Testpartikel, welches in ein existierendes Kraftfeld hineingeschoben wird – wie eine Messsonde. Und die Messergebnisse hängen genauso von den existierenden Feldeigenschaften ab wie von den Qualitäten des Testkörpers. Die konkrete Wechselwirkung ist anfangs offen.

Ähnlich verhält es sich, wenn anfänglich nur zwei Menscher beieinander sind. Ihre Interaktion kann durchaus banal sein. Sie kann aber höchste Energien mobilisieren, wenn durch irgendeinen Umstand Gott ins Spiel kommt. Das kann geschehen, ohne dass Gott überhaupt benannt wird. Sein Feld wirkt beispielsweise in jedem Akt der unvoreingenommenen Barmherzigkeit und der Nächstenliebe. So wird Gottes Gerechtigkeit, durch die er sich dem Einzelnen zuwendet, als menschliche Gerechtigkeit weitergegeben. So leitet sich das zweite Liebesgebot aus dem ersten ab. So wie ein Kraftfeld wirkt. Das Himmelreich.

Wir halten fest: in einer statischen Feldkonstellation zwischen Gott und Mensch oder Mensch und Mensch oder Gott und Mensch und anderen Menschen baut sich ein Potenzial auf, welches zunächst noch wertneutral erscheint. Erst durch eine Bewegung, eine Initiative, wird etwas angestoßen, das dann in eine ganz bestimmte Richtung läuft. Erst dann wird entschieden, wohin die Reise geht. Vorher ist alles unsichtbar.

Uns fehlen neben der alles beherrschenden Kraft noch einige weitere Analogien, z. B. Energien. Aber darüber haben wir schon etwas erfahren: das gerade genannte Potenzial innerhalb der Gott-Mensch-Versuchsanordnung.

Und Felddichte, Schwankungen von Kraftkonzentrationen über Fläche und Raum. Gottes Kraftfeld, sein Reich, ist entfernungsunabhängig. Grade deshalb kann es gleichzeitig im unendlich Kleinen und unvorstellbar Großen wirken. Wichtig ist das Zusammenkommen der handelnden Personen. Oder die Bereitschaft des Einzelnen, mit Gott in Kontakt zu treten. Oder Gottes Ruf selbst. Die Beobachtung zeigt, dass es tatsächlich Schwankungen in der Intensität der Wirksamkeit des Reiches Gottes gibt. Faktoren, die hierbei eine Rolle spielen, sind z. B. Störelemente aus der Welt, die einen guten Empfang der Zuwendung Gottes erschweren, Ablehnung einzelner Menschen, mit Gott oder miteinander in positive Beziehung zu treten. Hier kommen menschliche Entscheidungsfreiheiten ins Spiel.

Gott ist von keinem Zahlensystem abhängig, und somit gibt es auch keine quantitativen Feldkonstanten – höchstens die Aussage Gottes selbst, dass er immer zu seinem Wort steht und seinen Bund hält. Und dass Christus das letzte Wort war und ist und somit immerwährende Garantie: Konstanten. Mathematische Formulierungen gibt es dafür nicht. Gäbe es solche, wären sie Teil des Gleichnisses selbst und damit sowohl nicht erkennbar als auch nicht notwendig zu wissen. Insofern können wir auf die Herleitung von Vektoren, Gradienten, Integrale usw. verzichten. Ebenso auf komplexe Gleichungssysteme. Und auf eine Unterscheidung nach Arten der Wechselwirkung: Gottes Kraftfeld – sein Reich – ist einfach und jedem Menschen ohne irgendeine Voraussetzung zugänglich und erlebbar. Nicht Mathematiker haben es zuerst erfahren, sondern Kleinviehhirten.

Das kommt also zum ersten Mal aus einer Zeit von vor vielleicht 4000 Jahren. Und ist geblieben bis heute. Und bleibt bestehen darüber hinaus. Denn … Gott wirkt. Seine Kraft ist da – in der Welt, auch heute. Und sie ist in uns. Die Kraft, durch die die Welt geschaffen wurde, die sie zusammenhält, und die Jesus Christus vom Tode auferweckt hat. Wir können sie erspüren, wenn wir nur empfänglich dafür sind. Wenn wir sie erkennen wollen. Unser Trost ist, dass Gott seine Macht in einem zerrissenen Umfeld beweisen kann. Unsere Ermutigung ist, dass Umkehr möglich ist. Unsere Vergewisserung ist: Gott wirkt beständig fort. Unsere Befreiung ist, dass wir außerhalb der uns vorgegebenen Lebensumstände existieren können.

Kommentare aus dem Arbeitskreis

In seiner systematischen Theologie Band 2 (erschienen 1991) hat der Theologe Wolfhart Pannenberg an die altphilosophische Herkunft des Begriffs „Feld“ erinnert und ihn mit Bezug auf heutige Physik neu in das theologische System einbezogen:

Um Bewegung und Ver­änderung zu beschreiben, hat die Physik den Begriff der Kraft oder Energie entwickelt, die auf Körper einwirkt und so deren Bewegungen hervor­bringt. Newton rechnete im Unterschied zu Descartes auch mit nichtmateriellen Kräften, die analog zur Bewegung des Körpers durch die Seele wirken. Als eine solche Kraft be­trachtete er auch die Gravitation, die ihm als Ausdruck der Bewegung des Universums durch Gott vermittels des Raumes erschien.

Kräfte wirken nach M. Faraday in raumfüllenden Feldern über Distanzen hinweg.

Er hoffte, daß sich alle Kraftfelder auf letztlich ein einziges, um­fassendes Kraftfeld zurückführen lassen.

Pannenberg sieht in den immer weiter ausgreifenden Feldtheorien der modernen Physik eine theologische Relevanz, die auch durch die metaphysische Herkunft des Feldbegriffs na­hegelegt wird. Insofern der Feldbegriff den alten Pneumalehren ent­spricht, liegt es von der Begriffs- und Geistesgeschichte her recht nahe, die Feldtheorien der modernen Physik zur christlichen Lehre von der dynamischen Wirksamkeit des göttlichen Pneuma in der Schöpfung in Beziehung zu setzen, z.B. bei der Interpretation der überlieferten Rede von Gott als Geist.

Charakteristische Ver­schiedenheiten gegenüber ihrer naturwissenschaftlichen Verwendung sind aber zu beachten. Die prinzipiellen Differenzen zwischen physikalischer und theologischer Betrachtungsweise bei der Beschreibung der Weltwirklichkeit verbieten es allerdings, physikalische Feldtheorien direkt theologisch zu interpretieren.

Die Rede von einem Kraftfeld des künftig Möglichen als Ursprung aller Ereignisse steht zwar in einem Zusammenhang mit physikalischen Feldbegriffen, erweitert sie aber. Die Dynamik des göttlichen Geistes, die als Macht der Zu­kunft in allem Geschehen schöpferisch wirksam ist, steht in einer ausweisbaren Beziehung zu grundlegenden naturwissenschaftlichen Gegebenheiten.

WG: Kann man den Feldbegriff der Physik als Metapher für Gott und sein Wirken in der Welt gelten lassen? Ich selber habe diesen Gedanken immer sehr attraktiv gefunden. Gott ist Geist, den wir im Geist und in der Wahrheit anbeten sollen. Für eine den Raum prägende Kraft, die über Distanzen wirkt, sind in der Physik die Begriffe des Feldes und der Wechselwirkungs-Bosonen eingeführt. Eine Analogie zum Geist und seinem Wirken liegt nahe.

Freilich wollte ich darin immer mehr als eine Metapher sehen, und ich habe mich gefragt, wie denn diese Kraft, dieses Feld, im Vergleich mit den von der Physik kanonisierten Grundkräften beschaffen sei und wo der Schnittpunkt der Wechselwirkung mit den materiellen Dingen liege. Eine Ähnlichkeit mit den vom wissenschaftlichen Außenseiter R. Sheldrake postulierten „morphogenetischen Feldern“ deutet sich an.

Anscheinend können aber nur die komplexesten adaptive Systeme, Organismen wie der Mensch, Sonden für dieses Gottes-Feld sein, und das auch nur im Fall besonderer Sensitivität, die keineswegs vielen Menschen eignet. Mystiker sind bis heute (und besonders heute) die Ausnahme, so wie auch Menschen mit besonderen „medialen“ Fähigkeiten. Vor Zeiten mag es mehr Aufnahmefähigkeit für die Schwingungen des göttlichen Geistes gegeben haben, die zu deutlicheren „Zeigerauschlägen“ auf der spirituellen Empfindsamkeitsskala geführt haben, als wir uns im „Zeitalter der Vernunft“ träumen lassen. Und ich bin mir überhaupt nicht sicher ob wir im Sinn von Gott 9.0 von einer Höherentwicklung oder auch nur Weiterentwicklung unserer Bewusstseinsstufe gerade in dieser Hinsicht reden können. Wir scheinen eher in viel höherem Maß auf die Vermittlung spirituellen Wissens durch die heiligen Schriften und die religiös-mystisch-kirchliche Tradition angewiesen als frühere Generationen.

So meine ich nun, dass, sowenig gegen die Einführung einer weiteren, der Feld-Metapher, für die Gottheit und ihr Wirken eingewendet werden kann, sie doch noch keinen Beitrag leistet zur Verständigung in der Welterklärungskontroverse zwischen Wissenschaft und Religion (Vernunft und Glauben), einfach weil die Physik nicht in Metaphern redet. Sie verwendet ihre Begriffe an bestimmten Stellen ihrer Theorien und Modelle, wo der Begriff dann ein Vorfindliches, etwas in der Wirklichkeit Anwesendes eindeutig benennen soll.

Übrigens sprechen wir bevorzugt noch mit einer anderen Kraft-Metapher von Gott, der „Kraft der Liebe“. Dabei fällt sogleich auf, dass diese in unserer Erfahrung nicht von einem Feld über beliebige Distanz vermittelt wird, sondern nur im Nah-Umgang, vermittelt durch Signale der Kommunikation im weiteren Sinn, der von Sinneseindrücken, über die Sprache bis zu den „Botenstoffen“ der Hormone reicht. Die Liebe ist in dieser Redeweise, eine Kraft, weil wir sie spüren, aber kein Feld.

Polkinghorne versucht einen anderen Ansatz. Als leibliche Wesen handeln wir zugleich energetisch und informationell. Und man mag erwarten, dass Gott als reiner Geist, allein durch Eingabe von Informationen handelt (zumindest sind solche Vermutungen und Erwartungen nötig um Polkinghornes Argumentation plausibel erscheinen zu lassen). Mit dieser Darstellung kann er die Idee einer absteigenden Kausalität von oben einsichtig machen.

Dazu gehört dann freilich auch die Suche nach der „kausalen Fuge“, die dieser Gottesfeld-Kausalität das Eindringen in die dichten materiellen Kausalketten gestattet.